"Als wir nach einem Spielteppich für unsere Tochter gesucht haben, haben wir keinen gefunden, der ihre Lebensrealität abbildet", sagt Lena Stöcker, Gründerin des Start-ups Spielwende. Auf den klassischen Straßenteppichen für Kinder gibt es viel Platz für Autos, Geh- und Radwege fehlen in aller Regel. Stöckers Partner Philipp Walter und sie entwarfen deshalb einen eigenen Teppich. Auf dem ist weiterhin Platz für Autos. Aber neben jeder Straße verlaufen Radwege, es sind Carsharing-Parkplätze und ein Bahnhof abgebildet. "Wir wollen die Realität darstellen", sagt Walter. Sie wollten aber auch die Zukunft abbilden, in der ihre Tochter aufwachsen wird. Er vermutet: "Die Stadt von morgen wird nicht autofrei sein, aber es wird wahrscheinlich weniger Autos geben." In den vergangenen Wochen waren sie mit ihrem Prototyp-Teppich in Kindergärten zu Gast, zur Marktforschung und für Pressetermine, jetzt startet die Produktion. Die Realität hinkt ihrem Design jedoch etwas hinterher, Autos nehmen immer mehr Raum ein. Die Zahl der Pkw in Deutschland steigt und steigt.

Mitte der Siebzigerjahre gab es hierzulande rund 18 Millionen, inzwischen sind es fast 49 Millionen. Ihre Zahl wächst schneller als die Bevölkerung. Der Trend zum Elterntaxi setzt sich fort Das wirkt sich auf die Mobilität von Kindern aus, zum Beispiel auf die Schulwege.

1976 liefen noch 92 Prozent der Erstklässler allein zur Schule, inzwischen kommt nur noch die Hälfte der Grundschüler zu Fuß oder mit dem Rad zum Unterricht. "Wir erleben weiterhin steigende Zahlen von Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule fahren", sagt Holger Hofmann. Er ist Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks und fordert kinderfreundlichere Straßen und Städte.

Seine Kollegen und er haben einen langen Katalog mit dafür notwendigen Maßnahmen erarbeitet. Städte und Gemeinden sollten zum Beispiel neue Spielstraßen unbürokratisch einrichten können. Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts solle das Radfahren sicherer machen. Helfen könnten auch strengere Regeln für parkende Fahrzeuge. "Der ruhende Verkehr ist für Kinder eine große Gefahrenquelle", sagt Hofmann. Kinder sind zwischen den immer größer werdenden Fahrzeugen kaum zu erkennen. Trotzdem gehört etwa das Falschparken an Kreuzungen zu den günstigsten Vergehen im Bußgeldkatalog: Wer sein Auto weniger als fünf Meter vor einer Ecke abstellt, muss zwischen 10 und 30 Euro zahlen.

Derzeit böte sich die Chance, die Bedingungen für Kinder zu verbessern. Sowohl das Straßenverkehrsgesetz als auch die Straßenverkehrsordnung werden überarbeitet. Die neuen Fassungen wurden bereits vom Bundestag beschlossen, beide müssen Ende November noch den Bundesrat passieren. "Kinder und Jugendliche wurden bei der aktuellen Verkehrsrechtsreform selbst nicht angehört", kritisiert Hofmann. Für junge Menschen werde sich wenig verbessern. Rund zwölf Millionen unter 16-Jährige leben derzeit in Deutschland. Bei Wahlen haben sie keine eigene Stimme und sind für die Politik daher nur indirekt – über ihre Eltern – eine Zielgruppe. Eine Änderung bringen die Reformen im Verkehrsrecht aber immerhin mit sich: Kommunen sollen an Spielplätzen, vor Schulen und Kitas sowie entlang viel genutzter Schulwege leichter Tempo 30 festlegen können. 

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