Was ist eine Schulstraße?
Konkret bedeutet „Schulstraße“, dass die Straße vor der Schule in den Zeiten rund um Schulbeginn und -ende für den Autoverkehr gesperrt ist – meist für eine halbe Stunde. Wenn der größte Ansturm vorbei ist, ist die Straße wie gehabt geöffnet. Es kann so sichergestellt werden, dass alle Kinder die Möglichkeit erhalten, sicher ihren Schulweg zu bestreiten.
Weitere Informationen zu Schulstraßen und Beispiele finden Sie hier.
Wer engagiert sich für Schulstraßen?
Das Deutsche Kinderhilfswerk und ökologische Verkehrsclub Deutschland engagieren sich ebenso wie changing cities im Rahmen des gemeinsamen Aktionsbündnis Kidicall Mass.
Für mehr Sicherheit für Schulkinder ist die Einrichtung von Schulstraßen in Deutschland bereits heute möglich. Beleg dafür ist ein im Dezember veröffentlichtes und jetzt finalisiertes Rechtsgutachten beauftragt von Kidical Mass Aktionsbündnis, Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW) und dem ökologischen Verkehrsclub VCD.
Dem Gutachten zufolge haben Kommunen vielfältige Möglichkeiten Schulstraßen einzurichten und diese nur für den Rad- und Fußverkehr freizugeben. Dennoch waren die Kommunen bislang zögerlich. Entsprechende Erlasse auf Landesebene fehlten. Das ändert sich jetzt!
Nordrhein-Westfalen hat als erstes Bundesland eine landesweite Regelung für Schulstraßen herausgegeben. Der Erlass mit dem Titel "Sperrung von Straßen für den Kfz-Verkehr im Nahbereich von Schulen" empfiehlt eine Teileinziehung von Straßen und die Absperrung durch Poller oder Schranken.
Wie kann eine Schulstraße beantragt werden?
Eine Schulstraße zu beantragen kann etwas aufwändig sein, wird die Verkehrssituation vor den Schulen jedoch zumindest zu den Hauptverkehrszeiten nachhaltig beruhigen. In dieser Schritt-für-Schritt Anleitung haben wir die wichtigsten Schritte für Sie zusammengefasst:
1. Gemeinsam nach Lösungen suchen
Suchen Sie zuerst Mitstreiter*innen, die gemeinsam das „Projekt Schulstraße“ voranbringen! Gerade zum Anfang ist das sinnvoll, da eine erfolgreiche Realisierung maßgeblich davon abhängt, dass viele unterschiedliche Akteure möglichst früh in die Überlegungen und Planungen mit eingebunden werden. So kann sichergestellt werden, dass alles glatt geht. Mitstreiter*innen können zum Beispiel sein:
- Eltern, Elternvereine oder -Vertreter*innen
- Schulgemeinschaft inklusive Schulleitung
- lokale Initiativen vor Ort als Kooperationspartner*innen (wie beispielsweise die Ortsgruppen des VCD oder ADFC)
2. Bestandsaufnahme & Argumente sammeln
Beginnen Sie mit einer umfangreichen Bestandsaufnahme, indem Sie die morgendliche Situation vor der Schule beobachten. Wo liegen die Gefahrenstellen? Welche Situationen sind besonders gefährlich? Dokumentieren Sie Ihre Beobachtungen schriftlich und machen Sie außerdem Fotos. So können später die Forderungen nach einer Schulstraße besser begründet werden.
Was Sie unseres Wissens nach jedoch nicht tun müssen: eine umfangreiche Verkehrszählung durchführen (lassen) oder eine konkrete Gefahrenlage nachweisen.
Neben den individuell gesammelten Argumenten können die vielen Vorteile des Zufußgehens und Radfahrens für Kinder als Argumentationshilfen für Ihr Vorhaben dienen. So wird unter anderem neben der höheren Verkehrssicherheit und den gesundheitlichen Vorteilen die eigenständige Mobilität der Kinder gefördert und Kinder lernen frühzeitig, sich eigenständig im Verkehr zurechtzufinden.
Sie können auch auf bereits erfolgreich umgesetzte Schulstraßen an anderen Orten verweisen und damit Kritiker*innen und Unentschlossene leichter überzeugen.
Passende Beispiele dafür finden Sie weiter unten im Beitrag.
3. Schule ansprechen & Konzept erarbeiten
Für den Erfolg einer Schulstraße ist es wichtig, gleichermaßen Eltern, die Schulleitung und den Bezirk für die Idee zu überzeugen. Falls die Schulleitung noch nicht mit im Boot sitzt, ist das auf jeden Fall der nächste Schritt. Es ist gut möglich, dass die Schulleitung dem Anliegen positiv gesonnen ist, da sie selbst jeden Tag mit der Verkehrssituation vor der Schule konfrontiert ist. Falls Ihnen doch zunächst Skepsis entgegengebracht wird, bleiben Sie hartnäckig und legen Sie die vielen gesammelten Argumente dar.
4. Verkehrsrechtliche Anordnung einholen
Im nächsten Schritt muss das konkrete Konzept für die Schulstraße herausgearbeitet werden. Arbeiten Sie in diesem Schritt eng mit dem Bezirk, der Polizei und der Verkehrswacht zusammen, um alle Fragen zur Verkehrssicherheit sowie rechtliche Belange wie die verkehrsrechtliche Anordnung der Zufahrtsbeschränkung abzuklären. Im besten Fall treffen die auch alle Anordnungen zur Einrichtung sog. „Schulstraßen mit temporären Durchfahrtsbeschränkungen an Schulen“. Auch wenn Schulstraßen bisher nicht in der Straßenverkehrsordnung enthalten sind, besteht der rechtliche Rahmen für solch eine Anordnung. Dann können Sie an die entsprechende*n Ansprechpartner*innen Ihrer Kommune herantreten und die Pläne vorstellen.
Hierfür haben wir auch eine Briefvorlage für Schulstraßen erstellt.
5. Alternativen ausprobieren
Mit der Einführung der Schulstraße wird gleichzeitig Raum für Alternativen zum Schulweg mit dem Auto geschaffen. Hier gibt es bereits viele Ansätze, wie etwa der Laufbus. Dabei begleitet zunächst eine erwachsene Person mehrere Kinder auf dem Schulweg. Unterwegs kommen immer mehr Schulkinder (in Corona-Zeiten am besten aus einer Klasse) hinzu, bis der Laufbus schließlich groß genug ist, um ohne erwachsene Begleitung den restlichen Schulweg zurückzulegen.
Weitere Informationen zu dieser Schritt-für-Schritt Anleitung zur Beantragung von Schulstraßen finden Sie hier.
Beispiele von Aktionen zur Einführung von Schulstraßen
Schulstraßen in Köln:
Die Stadt Köln hat das Konzept „Schulstraße“ auf Grundlage unserer Aktionen aufgegriffen und heute das erste Pilotprojekt für sichere Schulwege für Köln gestartet.
Die Lindenbornstraße an der Vincenz-Statz- und der Lindenborn-Grundschule in Köln Ehrenfeld hat am, Montag, 27. Februar 2023 zwischen Fröbelstraße und Sömmeringstraße jeweils montags bis freitags von 7.45 bis 8.30 Uhr sowie von 14.45 bis 15.15 Uhr für die Kinder geöffnet und für den Autoverkehr gesperrt.
Eine Woche später folgt ein zweites Pilotprojekt an der Maria-Montessori-Schule in Köln-Ossendorf. Dort wird ab Montag, 6. März 2023, die Straße Am Pistorhof jeweils montags bis freitags zwischen 7.45 und 8.15 Uhr und zwischen 14.45 und 15.15 Uhr für den motorisierten Verkehr gesperrt.
Hier gelangen Sie zum vollständigen Artikel.
Grundschule am Tempelhofer Feld Berlin
Die Grundschule versucht aktuell, die Straße vor dem Haupteingang der Schule zu einer Schulstraße umzuwidmen. Um Entscheider*innen und Nutzer*innen zu zeigen, wie das funktioniert, wurde am letzten "zu Fuß zur Schule Tag" in 2021 eine Demonstration angemeldet, in der die Straße gesperrt und Parken verboten wurde. Die Bilder des Tages sollen in Zukunft dabei helfen, die Schulstraße dauerhaft zu beantragen.
Hier finden Sie das Projekt der Grundschule am Tempelhofer Feld.
Pilotprojekt Wien
In Wien wurden seit Beginn des Pilotprojekts 2019 sechs Schulstraßen eingerichtet. Dank des großen Erfolgs werden diese ständig erweitert. Hier sind vor Schulbeginn und nach Schulende die Straßen 30 Minuten lang für Autofahrer*innen gesperrt, wofür ein temporäres Fahrverbot sorgt. Zur betreffenden Zeit stellen die Schulen Scherengitter auf, die Autofahrer*innen auf die Sperre aufmerksam machen.
Weitere Informationen, inklusive eines hilfreichen Fact Sheets zu diesem Pilotprojekt finden Sie hier.